7. SONNTAG in der Osterzeit

Evangelium nach Johannes (17,1-11a)

 

Es ist eine tiefe Sehnsucht, die jeder in sich spürt: Ich möchte leben. Ich möchte das wahre, intensive, erfüllte, geglückte, beglückende Leben erfahren. Die Frage ist aber: Was ist das denn? Was stellen wir uns darunter vor? Eigentlich sehnen wir uns, verlangen wir nach etwas, das wir uns nicht vorstellen, höchstens nur ahnen können. Es ist ein Leben, das wir jetzt schon irgendwie spüren, aber nur stückweise, punktuell, vorübergehend, z.B. in diesen kurzen Momenten des Glücks, die dann immer schnell vorübergehen und in uns nur die unbestimmte Sehnsucht hinterlassen, dass diese Momente wiederkehren mögen - ohne dass wir dieses Gefühl der tiefen Erfüllung wirklich beschreiben können. Was ist wirklich dieses Leben wonach wir uns sehnen?

In der Bibel wird das mit einem Bild umschrieben: Es ist das ewige Leben. „Ewig“ hat nichts mit Zeit zu tun, es ist „zeitlos“. Alles, was mit Zeit zu tun hat ist vergänglich, hört auf: Es kommt und vergeht wieder. Wir möchten aber etwas Standhaftes, Nicht-vergehendes, Unvergängliches, nicht Aufhörendes, alle Sehnsucht Erfüllendes, so dass wir tiefsten, endgültigen Frieden in uns spüren. Ist es nicht das, was dieses Bild von „ewigem Leben“ sagen will?

Ewiges Leben gibt es also schon hier und heute, aber wir spüren es nur bruchstückhaft, gelegentlich, als „Kostprobe“. Können wir es erreichen? Wird es einmal eine endgültige Wirklichkeit sein? Oder ist diese tiefste Sehnsucht in uns nur Illusion? Selbstbetrug?

Über dieses „ewige“ Leben spricht Jesus im heutigen Evangelium. Jesus spricht mit Gott, seinem Vater, und sagt: „Ich bin von dir, Gott, beauftragt, denen, die du mir anvertraut hast, ewiges Leben zu schenken.“ Und was ist das denn? Jesus sagt: „Darin besteht das ewige Leben: in der niemals endenden (und immer mehr sich vertiefenden) Gemeinschaft, Verbundenheit, mit dir, dem einen wahren Gott, und mit mir, Jesus.“ Das ist wahres, unvergängliches, ganz erfüllendes, restlos beglückendes, also „ewiges“ Leben. Alles andere im Leben kann zwar zeitweise befriedigend, „glücklich machend“ erscheinen, aber ohne diese tiefe Verbundenheit mit Gott ist es vergänglich. Es zerbröselt, ist nicht standhaft, ist nur wie ein kurzer Traum, der wieder nur unerfüllte Sehnsucht hinterlässt.

Jesus meint: Nur ein Leben in einer innigen Gemeinschaft mit mir und mit Gott ist letztlich erfüllend. Ohne Gott finde ich nicht zum wahren Leben. Das ist die Botschaft von Gott an uns, die Jesus uns bringt. Und er sagt: „Ich habe hier auf der Erde den Menschen gezeigt, wer du (Gott) bist und wie groß du bist. Das war der Auftrag, den du mir gegeben hast; ich habe ihn jetzt erfüllt.“

An diesen Gott von Jesus glauben heißt: Einerseits das Gefühl seiner überwältigenden Größe spüren und gleichzeitig trotzdem die Erfahrung der Geborgenheit bei ihm machen. Oft erzählen Menschen davon, dass sie sich in schwierigen Lebenssituationen, schweren Krisen oder Krankheiten in Gott geborgen fühlen. Jesus selbst hat in solcher Verbundenheit mit Gott gelebt, bis zur letzten Konsequenz, bis in eine scheinbar sinnlose Katastrophe hinein. Und deswegen hat Gott ihn dann auch auferweckt, ihm neues, ewiges Leben geschenkt. Ist es nicht das, was auch wir uns von Gott wünschen?

Am Ende seines Gebets sagt Jesus zu Gott: „Erhalte sie in der Gemeinschaft mit dir, damit sie untereinander so eins werden, wie du und ich eins sind.“ Wenn wir in solcher Verbundenheit mit Gott leben, dann wird auch unsere Verbundenheit miteinander echt. Dann kann erst wirkliche christliche Gemeinschaft entstehen, die unser Leben bereichert. Und Jesus formuliert es ganz stark: Unsere Verbundenheit als Christen miteinander soll so fest sein wie seine Beziehung zu seinem Vater. Das ist das ganze Geheimnis unseres Christseins: Leben in guter Beziehung zu Gott und zueinander. Wo uns das gelingt, spüren wir jetzt schon etwas von diesem „ewigen Leben“. Ist das nicht eine Herausforderung?

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